Massiv- oder Fertighaus
Eine weitere Fragestellung, die sich früher oder später stellt, ist: Baue ich in Massivbauweise oder Fertigbauweise. Hier konnten wir schnell feststellen, dass die einen gegen die anderen wettern und umgekehrt. So wird die Massivbauweise oft als „Tupperdose“ bezeichnet, wo das Haus nicht „atmen“ könnte und Schimmel „vorprogrammiert“ sei. Ein in Fertigbauweise erstelltes Haus fällt hingegen beim ersten Windstoß um.
Im Netz gibt es zu dieser Fragestellung viele Seiten, die Argumente auflisten, welche jeweils für die eine oder andere Bauweise sprechen sollen. Ich versuche diese hier möglichst wertungsfrei aufzuführen und folgend unsere Gründe zu nennen, warum wir uns für die Fertigbauweise entschieden haben.
Gehen wir zuerst auf die Vor- und Nachteile der Massivbauweise ein.
In Massivbauweise errichtete Steinhäuser besitzen durch die massiven Wandaufbauten grundsätzlich eine größere Wärmespeicherfähigkeit. Dadurch heizen sie sich im Sommer nicht so schnell auf und geben im Winter die gespeicherte Wärme langsamer ab. Damit soll zudem ein ausgeglichenes und angenehmeres Raumklima die Folge sein. Durch die Schwere der Massivbauteile wird hier zudem ohne Probleme ein hoher Schallschutz erreicht, welcher besonders bei Familien mit Kindern für angenehme Ruhe sorgt. Auch die Tragstärke der Wand ist hier höher, sodass sich selbst Kühlschränke mit Dübeln an der Wand befestigen lassen. Bei dieser Bauweise ist eine sehr individuelle Planung möglich, je nach Budget lassen sich fast alle Wohnwünsche umsetzen. Es lässt sich auch ein höherer Anteil Eigenleistungen realisieren, wodurch bares Geld gespart werden kann. Massivhäuser sind zudem sehr wertbeständig, können häufig mehr als hundert Jahre alt werden und gelten somit als besonders langlebig. Da die verbauten Baustoffe zum Großteil aus nicht brennbaren Materialien bestehen, bieten Massivhäuser optimale Brandschutzeigenschaften. Desweiteren bietet diese Bauweise eine bessere Abschirmung von elektromagnetischer Strahlung, falls man auf solche Aspekte wert legt.
Im Vergleich zur Fertigbauweise dauert der Bau eines Massivhauses wesentlich länger, durchschnittlich werden acht Monate bis zur Fertigstellung benötigt. Je nach Wetterlage kann die Zeit, welche zur Austrocknung benötigt wird, den Bau verzögern. Sollte diese Zeit nicht ausreichend gewährt werden, neigt es zur Bildung von Nässe und Schimmel.
Gehen wir nun auf die Vor- und Nachteile der Fertigbauweise ein.
Fertighäuser werden in den allermeisten Fällen von nur einem Anbieter errichtet und, je nach Vereinbarung, schlüsselfertig übergeben. In diesem Fall muss man sich nicht mit unterschiedlichen Handwerksbetrieben auseinandersetzen. Man hat hier einen Ansprechpartner für alle auftretenden Fragen. Das erspart einem unter Umständen viel Arbeit. Durch die vorgefertigte Konstruktion kommt es zusätzlich seltener zu Beanstandungen in der Bauphase. Fertighäuser zeichnen sich durch eine kurze Bauzeit aus, wenn die Bodenpatte oder der Keller steht, wird das Haus oft an einem einzigen Tag errichtet. Damit werden finanzielle Doppelbelastungen reduziert. Zudem entfällt das oft monatelange Austrocknen der Wände, da diese in Trockenbauweise vorgefertigt und vor Ort nur noch montiert werden. Durch die Vormontage im Werk und die kurze Aufstelldauer ist der Hausbau weitgehend wetterunabhängig und damit berechenbarer. Für alle, die ökologisch bauen wollen, kann sich die Ökobilanz im Gegensatz zur Massivbauweise sehen lassen. So wächst das Baumaterial Holz nach, ist CO2-neutral und kann nach Ende der Nutzungsdauer wiederverwertet werden. Zudem entsprechen Fertighäuser oft im Standard schon Effizienzhaus-Klassen, wodurch sich attraktive Fördermittel des Staates zur Finanzierung des Hauses ergeben. Die Wege zu Behörden und Ämtern sind hier reduziert, da es meist nur einen Ansprechpartner bei der Fertighaus-Produktion gibt. Ein großer Vorteil ist, dass ich mir das Haus im Vorhinein, z.B. in einem Musterhaus, anschauen und mir einen Eindruck über einen Grundriss und die verbauten Matrialien machen kann. Dadurch, dass bei Fertighäusern meist die gleiche Technik verbaut wird, ist diese bestens aufeinander abgestimmt.
Lange Zeit standen Fertighäuser in der Kritik, sie seien nur von der Stange und würden wenig Raum für Individualität bieten. Sie seien Bretterbuden ohne Charme. Dies traf sicherlich in den 1970-er und 80-er Jahren zu, die Branche hat sich aber gewandelt. Inzwischen ist es möglich, das Traumhaus nach den persönlichen Vorlieben und völlig frei zu planen. Aber wie überall im Leben kosten auch hier Sonderwünsche Geld und sind zumeist nur gegen Aufpreis zu haben. Bedingt durch die Baustoffe sind die Trittschall-Eigenschaften deutlich geringer als bei der Massivbauweise, auch die Luftaustauschmöglichkeit sowie die Brandschutzbeständigkeit sind geringer. Das Totschlagargument gegen Fertighäuser ist und bleibt der Wiederverkaufswert. So bescheinigen Banken einen geringeren Werterhalt als Häuser in Massivbauweise. Problematisch ist häufig die Luftdichtheit von Bauteilen an Anschlüssen.
Was für uns recht wichtig war, ist die Nachhaltigkeit beim Bauen und die Unabhängigkeit von Energielieferanten in der Zukunft. Zweites haben wir durch die Auswahl des Baugrundstücks erfüllt, das erste war Maßgabe für die Wahl der Bauweise. Nach dem Besuch von Fertighausausstellungen, vom Viebrock Musterdorf in Bad Falligborstel und weiteren Angeboten von Massivhausbauern haben wir uns hingesetzt, und uns z.B. die Wandaufbauten angesehen. Bei der Massivbauweise fiel uns auf, wenn die gewünschte Energieeffizienzklasse 55 erreicht werden sollte, dass so gut wie alle Anbieter ihre Häuser mit Styropor verkleiden. Das kam für uns aus ökologischer Sicht nicht in Frage. Besser gefiel uns da z.B. eine diffusionsoffene Wand ohne zusätzliche Dampfsperre von der Firma Suckfüll. In einschlägigen Foren wird dieser Wandaufbau empfohlen, da dadurch die Luftfeuchtigkeit die Räume besser verlassen könne, das Raumklima besser sei und man sich vor Schimmel schütze. Zusätzlich sollen Wasserschäden leichter zu beheben sein und Feinstaubpartikel besser durch die Wände hindurch gehen. Das hörte sich für uns gut an. Zudem gefiel uns bei der Fertigbauweise, dass das Haus aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt wird. Wenn man in der Bauzeit keine grauen Haare bekommen möchte, ist es weiterhin wichtig, mit einem Anbieter zu bauen, wo möglichst wenige Schwierigkeiten entstehen. Generell ist Bauen immer ein von Fehlern begleiteter Prozess, da man mit natürlichen Materialien baut, welche sich nicht immer wie gewünscht verhalten und zudem ist der Faktor Mensch dabei, wodurch immer Fehler passieren können. Umso interessanter ist dann, welcher Anbieter diese Fehlerquellen am besten unter Kontrolle hat. Aus diesem Grund haben wir mit verschiedenen Bauherren gesprochen und uns Bautagebücher im Netz angesehen, da diese immer einen recht guten Einblick geben können. Nach Empfehlungen für den einen oder anden Hausbauer haben wir uns die Adressen geben lassen oder z.B. die letzten Aufstelltermine mit Adressen von der Internetseite rausgesucht. Folgend sind wir persönlich vor Ort gewesen und haben mit den Bauherren gesprochen. Was nützt einem das beste Marketing des Verkäufers, wenn man am Ende in der Bauphase jede Menge graue Haare bekommt. Interessant war dabei auch mitzubekommen, was andere aus dem Angebot herausnehmen und in Eigenleistung oder durch Vergabe an lokale Handwerker selbst leisten. In unserer Stichprobe waren es mehr Fertighausbauer, die zufrieden mit dem Bauprozess waren, sodass wir uns letztendlich deswegen und aufgrund der hier vorher aufgeführten Gründe für die Fertighausvariante entscheiden haben.
Bildquellenangabe: Bernd Kasper / pixelio.de